Nicht selten trifft
man auf Bauvorschläge, wo ein 20 m langer Langdraht (long wire, LW) beschrieben wird.
Die Antenne ist gegen Erde endgespeist oder auch nicht und hat einen "Balun" 1:9 direkt
am Speisepunkt. Manchmal wird das Teil auch Balun oder Unun 9:1 genannt. Dieser soll bewirken, daß die Antenne ohne weitere
Anpassung ein SWR < 3 auf allen Kurzwellenbändern hat. Behauptet
wird, Langdrahtantennen haben immer einen recht hohen Widerstand in der
Gegend mehrerer hundert Ohm. Das soll auch schon gelten bei relativ
kurzen Drähten, die nur wenige Meter lang sind, deutlich unter 20 m.
Stimmt das?
Der Begriff Langdrahtantenne ist nicht
eindeutig definiert. Üblicherweise geht man davon aus, daß die
Drahtlänge mehrere Wellenlängen beträgt. In dem Fall könnte man von
einer Langdrahtantenne im Amateurfunkband 10 m sprechen, Drahtlänge
recht genau 2 Lambda.
Häufig wird das Teil, was
der Anpassung dienen soll, als "Magic Balun 1:9" bezeichnet. Nur stellt
sich die Frage, was will man bei einer solchen Antenne mit einem Balun?
Ein Balun ist ja ein Gebilde, was in erster Linie symmetriert. Nur
arbeitet diese Antenne nicht symmetrisch, da sie ja gegen Erde gespeist
wird. In einigen Nachbauanleitungen findet man das Wickelschema für
einen Unun 1:9. Das macht schon wesentlich mehr Sinn. Das ist ein
Gebilde, was üblicherweise von 50 auf 450 Ohm transformiert, ohne zu
symmetrieren. Die Abkürzung Unun bedeutet unsymmetrisch auf
unsymmetrisch oder englisch unbalanced unbalanced.
Ein
Unun 1:9 wäre dann sinnvoll, wenn der angeschlossene Draht annähernd
450 Ohm hätte, möglichst ohne Blindanteil. Nur ist dieses Wunschdenken
in der Realität praktisch nie vorhanden. Hat man Resonanzen Lambda/4
und ungeradzahlige Vielfache davon, liegt der Strahlerwiderstand
deutlich unter 450 Ohm, eher in der Gegend von 50 Ohm. Bei Resonanzen
Lambda/2 und Vielfache davon, wird der Draht recht hochohmig,
Kiloohmbereich.
Hier ein einfaches Beispiel mit 20 m Drahtlänge, was man schnell im Garten aufbauen kann:
Unten
der Kringel mit der 1 ist der Speisepunkt, wo gegebenenfalls der Unun
1:9 sitzt. Die Masse ist nicht extra eingezeichnet, wie z.B. Radiale.
Es wird von einer mittelmäßigen Masse (Real/MININEC) ausgegangen. Der
Draht wird 3 m hochgeführt, die 1 im Bild. Das Drahtstück 2 ist 17 m
lang und endet in 6 m Höhe.
So sieht in dem Fall das SWR bei Speisung 50 Ohm asymmetrisch aus:
Die sichtbaren Resonanzpunkte sind leider außerhalb der Amateurfunkbänder Kurzwelle.
Schließt man einen echten Unun 1:9 am Speisepunkt an, sieht es so aus:
Man
hat keinen wirklichen Vorteil. Die vorher ausgeprägten Resonanzpunkte
verschwinden. Die erhoffte Verbesserung des SWR auf 3 oder niedriger
bleibt aus. Das beste SWR im Diagramm liegt gerade mal bei 3,75.
Es wird behauptet, selbst ein kurzer Draht sei hochohmig. Diese Aussage ist falsch, wenn man den Realteil betrachtet. In dem Link hier findet man eine Tabelle mit Strahlerwiderständen: http://www.dl2jas.com/antennen/antennenimpedanz/antennenimpedanz.html Die
Tabelle bezieht sich auf einen Vertikalstrahler, gilt aber
näherungsweise auch für endgespeisten Draht. Ein gegen Erde gespeister
Draht ist nichts anderes als ein verbogener Vertikalstrahler. Man sieht
in der Tabelle, daß der reale Strahlerwiderstand bis etwa Lambda/4
unter 50 Ohm bleibt. Da macht somit ein Unun 1:9 keinen Sinn. Der erste
interessante Bereich liegt in der Gegend um Lambda/2, da wird der
Strahler recht hochohmig. Nur ist bei Resonanz der Strahlerwiderstand
im Kiloohmbereich, deutlich über 450 Ohm. Das Verhalten wiederholt sich
bei jedem Vielfachen von Lambda/2. Man könnte sich überlegen, einen
Draht so zu dimensionieren, daß für möglichst viele Frequenzen die
Bedingung Lambda/2 oder Vielfache nicht ganz erfüllt ist. Dann ist man
mit dem Realteil in der Gegend von 450 Ohm, muß aber immer den nicht
unerheblichen Blindanteil wegstimmen. Die Idee hätte zumindest den
Vorteil, daß mit nur lediglich einem Bauteil in Serie abgestimmt werden
kann. Will man 80 m nutzen, muß der Draht etwa 40 m lang sein. Die
Bänder 10, 20 und 40 m würden somit die Bedingung Vielfache von
Lambda/2 erfüllen.
Im Dezember 2006 habe
ich mal die Bauanleitung eines österreichischen Funkamateurs umgesetzt,
erschien auch in der QSP. Dort hieß es, ein Draht mit 13,5 m Länge sei
schon sinnvoll, auch für das Band 80 m.
Links im Bild sieht man eine Mantelwellensperre und rechts einen Unun 1:9 Laut Bauanleitung hat er lediglich 7 Windungen auf einem Eisenpulverkern (nicht Ferrit!) Amidon T200-2.
Suspekte Sache, ein Unun 1:9 für die ganze Kurzwelle mit so wenig
Windungen auf einem Eisenpulverkern. Hier die gemessenen Ergebnisse an
einer Dummy 450 Ohm:
MHz
1,8
3,7
7,1
10,1
14,2
18,1
21,2
24,9
28,5
SWR
>10
>10
2,5
1,4
1,3
2
2,5
2,2
3
Wie
man sieht, ist der Aufbau nur auf den Bändern 30 und 20 m halbwegs
brauchbar. Es war zu erwarten, daß das SWR auf den unteren Bändern
schlecht wird. Das Ding in der Form ist keinesfalls als breitbandiger
Unun 1:9 für Kurzwelle zu gebrauchen. Nimmt man statt eines
Eisenpulverkerns einen sinnvollen Ferritkern, sollte die Konstruktion
ein brauchbarer Unun 1:9 für Kurzwelle werden.
Laut der
Baubeschreibung war keinerlei Gegengewicht vorgesehen. Direkt am
Speisepunkt Kabelseite sollte eine Mantelwellensperre, wie links im
Bild, gesetzt werden. Die Antenne erinnert an eine Zepp (nicht
Doppelzepp!), nur der Strahler ist zumindest für 40 und 80 m viel zu
kurz. Bei dem Probeaufbau war in keinem Amateurfunkband Kurzwelle ein
SWR kleiner 3 messbar. Etwas besser wurde es, als am Unun auf
Strahlerseite ein Gegengewicht in Form von Balkongeländer und Radialen
angeschlossen wurde. Auf 10 m war ein SWR von nahezu 1 erzielbar. Die
nächstbesten Werte lagen bei 2,5 in den Bändern 12 und 17 m. Auf 80 m
war das SWR nicht mehr brauchbar messbar. Es war so hoch, daß der TRX
sofort richtig herunterregelte und somit die Leistung so klein war, daß
ein sinnvolles Ablesen nicht mehr möglich war. Das bedeutet ein absolut
unbrauchbares SWR, ähnlich wie Kurzschluß oder Unterbrechung an der
Antennenbuchse.
Es gibt ein paar Funkamateure, die berichten, daß die Antenne wirklich funktioniert. Es mag sein, daß die Antenne unter bestimmten Bedingungen "funktioniert".
Das kann verschiedene Gründe haben. Der durchgemessene Unun verhält
sich nicht wirklich als ein solcher, wie in der Tabelle zu sehen. Mit
etwas Glück macht er aber zufällig eine Antennenanpassung mit seinen
Komponenten L und C. Dann darf man eventuelle Verluste nicht
vergessen, Hochfrequenzenergie, die direkt in Wärme umgewandelt wird.
Das kann im Antennenkabel, in der Mantelwellensperre, im "Unun" oder
auch im Draht des Strahlers passieren. Wird lediglich 25 % der
Sendeleistung irgendwo direkt in Wärme verheizt, hat man immerhin schon
ein SWR von 3, ganz ohne jegliche Abstrahlung von HF!